Beschreibung
Seit den 60er Jahren ist Timex mit einfach konstruierten Automaticwerken auf dem Markt präsent und kann diese zu fast unschlagbaren Preisen anbieten. Der Haken der Timex-Werke ist, daß sie ohne Lagersteine und nur mit einer Stiftankerhemmung ausgestattet und und daher eher mäßige Gangergebnisse und Lebensdauer an den Tag liegen.
Vermutlich dachten sich 10 Jahren später die Japaner in Form des Herstellers Hamazawa, sie könnten das auch, nur in besserer Qualität, und brachten die Kaliberserie 5000 auf den Markt, das möglicherweise letzte Werk daraus, das Hamazawa 5026B soll hier vorgestellt werden.
Ob und wieweit Seiko dahinter steckte, ist nicht bekannt, es gibt allerdings einige Details, die für eine Zusammenarbeit sprechen.
Die Unruh ist, genau wie bei Timex-Werken, fest auf der Bodenplatte montiert, allerdings gibt es hier einen beweglichen Spiralklötzchenträger, mit dem der Abfall der mit 21600 Halbschwingungen vergleichsweise schnell schwingenden Unruh eingestellt wird:
Dieses Detail gibt es nicht bei Timex! Und auch eine kleine Verbesserung gegenüber Timex-Werken ist, daß der Spiralschlüssel noch über einen einfachen Rückerzeiger in Form einer Metalllasche verfügt, mit dem mit deutlich verminderten Risiko für Unruh und Spirale deren wirksame Länge und damit die Gangabweichung eingestellt wird:
Der Aufzugsmechanismus ist mit der Grundplatine vernietet (oder zumindest so fest gesteckt, daß er nicht ohne Beschädigung entnommen werden kann), er ist genial einfach konstruiert und kennt doch drei Stellungen: Aufzug, Datumsschnellverstellung und Zeigerstellung. Alles wird nur mit der speziellen Kronenwelle und den entsprechenden Rädern, in die der Eingriff erfolgt, bewerkstelligt. Ein Winkelhebel ist nicht nötig, nur eine einfache Feder, mit der die drei Raststellungen (ebenfalls Teil der Kronenwelle) gesichert werden.
Aber wehe, die Aufzugswelle bricht… Eine Neuanfertigung ist durch das feste Zahnrad, das für die Zeigerstellung gedacht ist, höchst aufwändig! Auf dem ersten Bild erkennt man die Doppelverzahnung des Zeigerstellrads. Außen der Eingriff auf das Antriebsrad (oberes Federhausrad), innen der Eingriff der Aufzugswelle, man beachte den 45-Grad-Winkel der Zahnflanken!
Die Datumsverstellung passiert über ein Plastikschaltrad, das auf dem Aufzugstrieb montiert ist. Beide gelangen in den Vierkant-Eingriff der Aufzugswelle, wenn sich diese in der zweiten bzw. innersten Raste befindet.
Da bei dieser Konstruktion auf die Breguet-Kupplung verzichtet wird, muß das Auskuppeln beim Rückwärtsdrehen des Aufzugs anderweitig realisiert sein, dies passiert über ein bewegliches Konrad, welches beim Rückwärtsdrehen nach oben gleitet und auskuppelt. Durch eine Feder wird ein sauberes Einkuppeln in Aufzugsrichtung garantiert.
Das Räderwerk erinnert sowohl an Quarzuhren (fast-massive Messingzahnräder), als auch an Timex-Werke (Pfeilerwerk, alles unter einer Platine).
Mit direkter Zentralsekunde und indirekt über das Federhaus geführter Zeitanzeige ist es recht modern ausgeführt. Ein nettes Detail ist das ungewöhnliche Ankerrad, das fünf statt wie sonst überall üblich vier Speichen besitzt.
Vermutlich aus Platzgründen wird ein Seitenanker verwendet. Die Geometrie und die sehr weit nach außen versetzte Welle wirken sich negativ auf seine Balancierung aus, was sich in mehr oder weniger großen Lagefehlern niederschlägt. Ein normaler Anker schweizer Bauart sollte komplett ausbalanciert sein.
Die Ankergabel greift in gestürzter Bauweise in den Finger der Unruh ein. Zum Glück ist, wie auch sonst an allen kritischen Stellen, alles mit Lagersteinen ausgestattet, in Summe 17 Stück. Die Unruh läuft dabei in zwei Stoßsicherungslagern mit Seiko-Diashock Stoßsicherungen.
Die gestanzte Räderwerksbrücke, die auf Pfeiler gesetzt wird, erlaubt es, daß das Räderwerk ohne Hemmung zusammengesetzt und auf ein sauberes und widerstandsarmes Ablaufen getestet werden kann. Hier ist das Hamazawa 5026B eindeutig im Vorteil gegenüber Timex-Werken und auch gegenüber seinem Vorgänger, dem Hamazawa 5026A, dem auch noch Unruh- und Ankerlager Teil der Räderwerksbrücke sind.
Unruh und Anker liegen also unter einer eigenen Brücke, das erleichtert auch das “Einfädeln” ungemein. Natürlich sind auch deren Lager mit snythetischen Rubinen ausgestattet.
Der Selbstaufzugsmechanismus entspicht zum Teil dem Magic-Lever-System von Seiko, wieder ein Hinweis auf eine Verbindung zu Seiko. Der Unterschied zum Seiko-Aufzug liegt darin, daß der Rotor in eine Gabel eingreift und nicht, wie bei Seiko in ein Zahnrad, das mit dem Klinkenhebel verbunden ist.
Die Funktionsweise des Exzenterwechsers ist ganz einfach: Die auf “6” montierte Gabel wird durch den exzentrisch laufenden Rotor nach links und rechts bewegt.Auf dieser Gabel ist ein Klinkenhebel montiert, der, egal, ob er gezogen oder geschoben wird, stets das Klinkenrad im Uhrzeigersinn vorwärtsbewegt. Jeweils einer der beiden Klinken zieht, während die andere frei durchrutscht. Bei Handaufzug, wenn das Klinkenrad über das Kronrad im Uhrzeigersinn gedreht wird, rutschen beide Klinken durch.
Interessanterweise ist auch nach jahrelanger Nutzung noch kein Verschleiß an den Spitzen der Klinkenhebel festzustellen!
Der Viertelkreis-Rotor besitzt innen ein Exzenterlager, das im rubinlosen-Eingriff mit der Gabel steht. Feinere Werke (IWC beispielsweise) setzen hier Rubinrollen ein, funktional ist die sehr pragmatische Lösung des Hamazawa-Werks allerdings völlig ausreichend.
Der Rotor wird über einen Sprengring an der Achse, welche auf die obere Automaticplatine genietet wurde, befestigt. Einfach, pragmatisch, gut.
Auf der Zifferblattseite wird man keinen Aufzug finden, nur das auf der Aufzugswelle laufende Korrekturrad für den Datumsring. Außerdem sieht man hier eine rudimentäre “Verzierung” mit kleinen eingestanzten Quadraten. Ob das wirklich als Verzierung gedacht, oder ein Rückstand des Produktionsprozesses ist, entzieht sich meiner Kenntnis.
Man erkennt zusätzlich, daß das obere Rad des Federhauses das mittig aufgesteckte Minutenrohr antreibt. Anders, als bei echten Roskopf-Konstruktionen kommt aber noch ein Wechselrad ins Spiel, das das Stundenrohr antreibt.
Der Datumsmechanismus ist pragmatisch-einfach, besser, als bei Timex-Werken konstruiert. Er besteht aus drei Plastikrädern (Quarzwerke lassen grüßen…), wobei das wichtigste Bauteil der Schaltstern auf “12” ist, bei dem ein verlängerter Finger (am Rad bei 5 Uhr) den Datumsring im Gegenuhrzeigersinn weiterschaltet. Der Schaltvorgang erfolgt langsam zwischen 23 und 24 Uhr, beim Rückwärtsstellen der Uhrzeit rutscht der Schaltfinger durch, wodurch das Datum nicht rückwärts verstellt wird.
Der kleine, innere Schaltfinger (am Rad bei 12 Uhr) schaltet die Wochentagsscheibe ab Mitternacht langsam um zwei Positionen weiter. Beim Rückwärtsdrehen der Zeit wird sie um eine(!) Position zurückgestellt, dadurch kann die Sprache des Wochentags (hier Englisch und Spanisch) gewählt werden.
Die Deckplatte der Datumskadratur besitzt zwei Federn, die Datumsscheibe und Wochentagsring in Position halten und für eine saubere Anzeige sorgen.
Dieses Werk ist wieder ein schönes Beispiel, wie der Erfolg von Quarzwerken das Design und die Produktion preisgünstiger, aber dennoch gut ausgestatter Mechanikwerke beeinflußt hat. Auch wenn sich eine Reparatur dieses Werks ökonomisch nicht rechnet, so ist sie immerhin noch möglich. Spätere Werke, wie das Q&Q 2604, wurden dann leider zu echten Wegwerf-Werken, auch wenn sie sich konzeptionell kaum unterscheiden. Und zudem sollte man nicht außer Acht lassen, daß sich all diese Einweg-Werke auf einen gemeinsamen Urahnen zurückführen lassen, nämlich den Einweg-Werken aus dem Hause Timex, die verblüffend ähnlich gebaut wurden.
Im Labor
Das vorliegende Werk kam verharzt in die Werkstatt. Es sitzt in einem Gehäuse, dem die Spuren jahrelangen Tragens ohne Schonung gut anzusehen sind. Zwei Sprünge im Glas und ein verbogener Sekundenzeiger sind Zeugen der Nutzung. Auf der Zeigwaage war kein vernünftiger Gang mehr zu erkennen.
Nach einem Service mit Reinigung und anschließender Ölung läuft das Werk wieder passabel, es dauerte allerdings einige Tage, bis sich das Öl so gut verteilt hatte, daß auch auf der Zeitwaage wieder halbwegs passable Gangleistungen gemessen werden könnten:
Zeitwaagen-Ergebnis
horizontale Lagen | |||
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Zifferblatt oben | +29 s/Tag | 154° | 0.3ms |
Zifferblatt unten | +38 s/Tag | 150° | 0.2ms |
vertikale Lagen | |||
Krone rechts (12 oben) | -43 s/Tag | 200° | 0.1ms |
Krone oben (3 oben) | -95 s/Tag | 188° | 0.2ms |
Krone links (6 oben) | -65 s/Tag | 135° | 0.9ms |
Krone unten (9 oben) | -87 s/Tag | 200° | 0.5ms |
Technische Daten
Hersteller: | Hamazawa |
Kaliber: | 5026B |
Größe: | 11 1/2''' (gemessen: 26mm) |
Halbschwingungen pro Stunde: | 21600 |
Anzahl Steine: | 17 |
Hemmung: | Anker |
Stoßsicherung(en): |
Diashock (Seiko) |
Unruhlagerung / Richtung Spirale: | Uhrzeigersinn |
beweglicher Spiralklötzchenträger: | ja |
Regulierorgan: | Rückerzeiger mit langem Arm |
Bauweise: | Pfeilerbauweise |
Aufzugstyp: | spezieller Aufzugstyp |
Ausstattung: |
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