Beschreibung
Dieses Automatikwerk wurde in den 70er Jahren von Quelle in Meister-Anker Automatikuhren verbaut. Bemerkenswert ist hier die hohe Anzahl von 30 funktionalen Steinen, von denen allerdings sage und schreibe 12 auf das Konto des Automatikgetriebes gehen. Ein solch immensen Aufwand findet man selten.
Das Poljot 2616.1H wurde erstmals (als Kaliber 2616H) im Jahr 1972 auf den Markt gebracht. Es besitzt einem Durchmesser von 26mm (entspricht 11 1/2 Linien), wobei der Rotor das Werk nocheinmal um jeweils 1.5mm überragt, sein Durchmesser beträgt folglich 29mm.
Die Grundplatine zeigt neben einer Vielzahl von Lagersteinen eine sehr ungewöhnliche Besonderheit: Zwischen dem zentralen Minutenrad und dem Federhaus befindet sich ein weiteres Übertragungsrad, dessen Lager nicht nur verschraubt ist, sondern ebenfalls einen Lagerstein enthält. Gleichzeitig ist es ein Indikator dafür, daß sich das Federhaus werksseitig gesehen im Gegenuhrzeigersinn dreht, und nicht, wie bei fast allen anderen Werken, im Uhrzeigersinn.
Das zentrale Minutenrad ist unter einer eigenen Brücke gelagert.
Mit Ausnahme des Übertragungsrades zwischen Federhaus und zentralem Minutenrad haben wir es hier mit dem klassischen Räderwerksaufbau mit Kleinbodenrad, zentralem, direkt angetriebenem Sekundenrad und Ankerrad zu tun. Schön zu sehen sind die beiden rechteckigen Ausschnitte unter den Paletten des Ankers. Durch sie kann die Ausgangspalette sehr einfach über die Zifferblattseite geölt werden. Die Hemmung ist nach klassischem schweizer Palettenanker-Vorbild ausgeführt.
Das Poljot 2616.1H besitzt eine dreischenklige Glucycur-Ringunruh, die in zwei hauseigenen, dreischenkligen Stoßsicherungen gelagert ist und mit gemächlichen 18000 Halbschwingungen pro Stunde arbeitet. Zur Feineinstellung muß der Spiralschlüssel herhalten, einen Rückerzeiger gibt es nicht.
Wenn Federhaus- und Räderwerksbrücke montiert sind, erkennt man, wieviele Lager für den Automaticaufzug benötigt werden.
Bei diesem Werk mit streng geometrisch geschnittenen Brücken befindet sich zwischen Kronrad und Sperrrad des Federhauses noch ein Übertragungsrad. Auch dieses ist wieder der Tasache geschuldet, daß sich das Federhaus im unüblichen Gegenuhrzeigersinn dreht.
Das Räderwerk des automatischen Aufzugs ist hier mehr direkt in das Werk integriert, was eine deutlich geringere Bauhöhe ermöglicht.
In das Sperrad des Federhauses greift ein Übertragungsrad ein, gefolgt von zwei weiteren Übertragungsrädern, zwei Wechselrädern, die beide auf ihrer Unterseite mit dem Übertragungsrad und einander über ihren äußeren Zahnkranz in Eingriff stehen, und einem letzten Übertragungsrad, in das der achsengelagerte Rotor eingreift. Man erkennt schon alleine an dieser Aufzählung den enormen Aufwand, der hier getrieben wurde.
Beide Wechselräder besitzen einen Freilauf, sind also in einer Drehrichtung im Eingriff und laufen in der anderen Drehrichtung frei durch. Auf diese Weise kann der Rotor in beiden Richtungen aufziehen.
Eine interessante Lösung, wenn auch nicht unbedingt neu, wurde beim Sperrad angewandt: Es ist zweistöckig ausgeführt, mit zwei Zahnkränzen, die jeweils in einer Richtung frei drehen und in der Gegenrichtung das Mittelstück mit dem Vierkant mitnehmen. Jener Vierkant, der mit dem Federhauskern verbunden ist, sitzt oben auf dem Federhaus.
Diese Konstruktion, die schon seit einigen Jahrzehnten bekannt ist, sorgt dafür, daß er Automaticaufzug abgekoppelt wird, wenn das Werk über die Krone händisch aufgezogen wird.
Der Halbkreisrotor ist achsengelagert und greift mit seinem Zahnkranz in das erste Übertragungsrad des Automaticmechanismus ein.
Ohne Rotor wird die ganzen “Juwelen”-Pracht sichtbar.
Auch zifferblattseitig werden zwei statt normal einem Übertragungsrad zwischen Aufzugs-Vierkant und Wechselrad verwendet, was zur Folge hat, daß wenn die Krone zum Einstellen der Uhrzeit im Uhrzeigersinn gedreht wird, auch die Zeit vorwärts gedreht wird. Bei fast allen anderen Werken ist es genau andersrum.
Das Stundenrad (hier leider mit Karies) ist doppelt verzahnt, der breitere Zahnkranz wird vom Wechselrad angetrieben, der schmalere treibt das Schaltrad des Datumsmechanismus an.
Natürlich kann ein Werk wie das Poljot 2616.1H keinen einfachen Datumsmechanismus bieten, sondern einen augenblicklichen Datumswechsel, realisiert über einen Spannschieber. Möglicherweise war die hierfür notwendige Kraft, mit der der Spannschieber vorgespannt wird, zu groß, wodurch es zum Zahnausfall des Stundenrads kam.
Das Datum kann halbschnell korrigiert werden, durch wiederholtes zurück- und vordrehen der Uhrzeit.
Im Labor
Zeitwaagen-Ergebnis
Auch wenn keine Chronometerwerte erreicht werden konnte, sind die Werte, die das Poljot 2016.1H auf der Zeitwaage zeigte, durchaus vorzeigbar. Vor allem in den horizontalen Lagen sind sie außerordentlich gut, nur hängend zeigt sich das Alter und der Verschleiß des Werks.horizontale Lagen | |||
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Zifferblatt oben | +1 s/Tag | 311° | 0.1ms |
Zifferblatt unten | +6 s/Tag | 292° | 0.0ms |
vertikale Lagen | |||
Krone rechts (12 oben) | -11 s/Tag | 226° | 0.2ms |
Krone oben (3 oben) | -15 s/Tag | 196° | 0.3ms |
Krone links (6 oben) | +20 s/Tag | 183° | 0.0ms |
Krone unten (9 oben) | -20 s/Tag | 215° | 0.2ms |
Technische Daten
Hersteller: | Poljot |
Kaliber: | 2616.1H |
Basiskaliber: | Poljot 2609 |
Größe: | 11 1/2''' (gemessen: 26,0mm) |
Halbschwingungen pro Stunde: | 18000 |
Anzahl Steine: | 30 |
Hemmung: | Anker |
Unruh-Ausführungen: |
Glucydur-Ringunruh |
Stoßsicherung(en): |
3-schenklig russisch |
Unruhlagerung / Richtung Spirale: | Uhrzeigersinn |
beweglicher Spiralklötzchenträger: | ja |
Regulierorgan: | Spiralschlüssel |
Werksaufbau: |
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Bauweise: | Massivbau |
Aufzugstyp: | Kupplungsaufzug |
Winkelhebelfeder: | 4 Loch/Löcher |
Ausstattung: |
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Produktionszeitraum: | 1972 - ???? |
Inventarnummer: | 18012 |