Wostok 2809

 
Wostok 2809 | Das Uhrwerksarchiv

Wostok 2809

Beschreibung

Das wohl interessanteste und hochwertigste Armbanduhrenwerk aus russischer Produktion war das 12 1/2 linige Kaliber Wostok 2809, auch unter der ursprünglichen Bezeichnug “Wolna” bekannt.

Es nimmt sehr viele Anleihen am Zenith 135, welches als eines der besten je gebauten Chronometer-Werke gilt, wie beispielsweise die sehr große Unruh mit Scheiben-Feinregelage und der Verzicht auf ein zentrales Minutenrad.

Wostok 2809: Grundplatine

Grundplatine

Natürlich sind alle wichtigen Lager mit Steinen versehen, einzig das Federhaus und das von ihm angetriebene, relativ langsam drehende und damit reibungs-unempfindliche Großbodenrad laufen in normalen Bohrungen.

Wostok 2809: Grundplatine mit Ankerradkloben

Grundplatine mit Ankerradkloben

Eine kleine Besonderheit stellt die Lagerung des Ankerrads dar: Das Ankerrad ist unter einen sehr flachen, eigenen Kloben mit Deckstein gelagert. Auch auf der Zifferblattseite findet ein Deckstein Anwendung, zur besseren Ölhaltung und zum Schutz gegen Verschmutzung.

Wostok 2809: Räderwerk

Räderwerk

Das Räderwerk des Wostok 2809 ist recht ungewöhnlich aufgebaut, wiederum am Zenith 135 orientiert:

Das Federhaus wirkt auf das außermittig liegende Großbodenrad ein, gefolgt von einem doppelten Kleinbodenrad, Sekundenrad und Ankerrad.

Das Zentralsekundenrad wird indirekt vom doppelten Kleinbodenrad angetrieben, während nur das obere Kleinbodenrad mit dem Sekundenrad in Eingriff steht. Auf diese Weise wird ein Flattern und Ruckeln des Sekundenzeigers vermieden, ohne, dass mit einer Friktionsfeder gearbeitet werden muß.

Federhaus, Großbodenrad und Zentralsekundenrad sind unter der Federhausbrücke gelagert, Kleinboden- und Sekundenrad unter einer eigenen Brücke, beide zifferblattseitig mit einem Deckstein.

Wostok 2809: Seitenansicht des Räderwerks

Seitenansicht des Räderwerks

Das Ankerrad ist so flach, dass die sehr große Glucydur-Schraubenunruh über ihm läuft.

Interessanterweise besitzen alle Schrauben auf dem Unruhreif denselben Abstand, so dass ein wenig an der Ernsthaftigkeit der Schrauben gezweifelt werden darf, vermutlich haben sie mehr dekorativen Zweck, als die Unruh perfekt auszuwuchten.

Die Unruh arbeitet mit langsamen 18000 Halbschwingungen pro Stunde und ist in zwei hauseigenen russischen Stoßsicherungslagern gelagert.

Die Spirale besitzt eine Breguet-Endkurve und ihre effektive Länge wird mit einem langen Rückerzeiger, der von einer Kurvenscheibe feinjustiert wird, eingestellt. Theoretisch sollten damit Abweichungen von -10 bis +5 Sekunden pro Tag möglich sein, praktisch erreichen jetzt kaum noch Exemplare diese Werte, alle wandern mit der Zeit deutlich in den Minusbereich.

Wostok 2809: leere Zifferblattseite

leere Zifferblattseite

Zifferblattseitig erfolgt der Antrieb des Zeigerwerks über das Großbodenrad, welches zuerst auf das federnd gelagerte Wechselrad einwirkt. Die Feder verhindert ein Spiel des Zeigerwerks.

Wostok 2809: Zifferblattseite mit Minutenrohr

Zifferblattseite mit Minutenrohr

Das Minutenrohr ist hierbei besonders breit ausgeführt.

Wostok 2809: Wostok 2809: Zifferblattseite

Wostok 2809: Zifferblattseite

Auffällig ist auch die extrem hohe Verzahnung des Stundenrads. Kaum ein anderes Werk kann mit einer derartig hohen Anzahl an Zähnen beim Stundenrad aufwarten.

Zusammenfassung

Das Wostok 2809 / Wolna ist ein höchst beeindruckendes Werk, das zeigt, zu welchen Leistungen die russische Uhrenindustrie fähig war, und auch wenn es nach 60 Jahren keine sonderlich guten Gangwerte mehr bieten kann, so ist doch die Konstruktion einmalig und sorgt auf jeden Fall für Begeisterung.

Im Labor

Es bekam einen einfachen Service spendiert, die Unruh-Lager wurden allerdings nicht gereinigt, da das Risiko eines Schadens ohne vorliegende Ersatzteile zu groß war.

Zeitwaagen-Ergebnis

Von “Präzision” sind die Gangwerte leider weit entfernt.
Wie praktisch alle 2809er-Werke, so läuft auch dieses in “schnellster” Position des Rückerzeigers deutlich im Minus.
Interessant sind auch die enormen Gangabweichungen, sowie der sehr große Abfallfehler, der sich leider nicht korrigieren läßt. Entweder ist dieses Werke ziemlich am Lebensende angekommen, oder aber es ist das passiert, was oben schon vermutet wurde, die Unruhschrauben haben nur einen dekorativen Zweck, und sind nicht dafür bestimmt, die Unruh bestmöglich auszuwuchten.

horizontale Lagen
Zifferblatt oben -27 s/Tag 255° 9.2ms
Zifferblatt unten -35 s/Tag 295° 7.8ms
vertikale Lagen
Krone rechts (12 oben) +13 s/Tag 199° 9.9ms
Krone oben (3 oben) -31 s/Tag 206° 9.9ms
Krone links (6 oben) -50 s/Tag 208° 9.9ms
Krone unten (9 oben) -25 s/Tag 190° 9.9ms

Technische Daten

Hersteller:Wostok
Kaliber:2809
Größe:12 1/2''' (gemessen: 28,0mm)
Höhe:4,85mm
Halbschwingungen pro Stunde:18000
Hebewinkel:44°
Anzahl Steine:22
Hemmung:Anker
Unruh-Ausführungen: Glucydur-Schraubenunruh
Stoßsicherung(en): Poljot
Unruhlagerung / Richtung Spirale:Uhrzeigersinn
beweglicher Spiralklötzchenträger:nein
Regulierorgan:Kurvenscheibe
Werksaufbau:
  • Anker
  • Ankerrad (Hemmungsrad)
  • Sekundenrad, Kleinbodenrad, Zentralsekundentrieb
  • Großbodenrad, Federhaus
Bauweise:Massivbau
Aufzugstyp:Kupplungsaufzug
Winkelhebelfeder:5 Loch/Löcher
Ausstattung:
  • SCI (indirekte Zentralsekunde)
Referenzen: Flume: K2 - / K3 56
Inventarnummer:20055

Anwendungsgalerie

Wostok 2809: Wostok Precision Herrenuhr

Wostok Precision Herrenuhr

Links

Dieses Werk samt Uhr ist eine Spende von Rüdiger an das Archiv. Ganz herzlichen Dank dafür!