Die 1970er Jahre waren geprägt vom Übergang konventioneller mechanischer Uhrwerke hin zu quarzgesteuerten Werken.
Innerhalb von 10 Jahren drehte dich die Relation und die Relevanz der beiden Werkstypen komplett um: Waren 1970 noch Armbanduhren mit Quarzwerken absolute, fast unbezahlbare Exoten und mechanische Uhren auf dem Höhepunkt ihrer Entwicklung, so waren mechanische Werke, sofern sie überhaupt noch produziert wurden, Ende der 70er Jahre Auslaufmodelle und an den meisten Handgelenken konnte man die damals hochmodernen Quarzuhren sehen.
Die Entwicklung hin zur Quarzuhr, wie man sie heute kennt, war jedoch nicht linear. Es gab viele Experimente, viele verschiedene Ansätze, aber alle mit demselben Ziel, die Ende der 60er Jahre noch viel zu teuere und technisch noch längst nicht ausgereifte Quarzuhr einem Massenpublikum zugängig zu machen, sowohl preislich, als auch von der Zuverlässigkeit her.
Eine Zeitlang lieferten sich digitale Anzeigen, erst LED, dann LCD, einen Wettkampf mit analogen Anzeigeformen, entgültig wurde dieser Kampf aber erst in den 80er Jahren zugunsten der konventionellen, analogen Anzeige entschieden, die dank findiger Ingenieure auch irgendwann mehr, als nur die bloße Uhrzeit anzeigen konnten, sondern auch Chronograph- und Alarmfunktionen bot.
Obwohl sich das Uhrwerksarchiv den mechanischen Uhrwerken verschrieben hat, dürfen die teils spannenden, teils skurillen, teils aber auch wirklich wegweisenden Entwicklungen der 70er Jahre hin zur Massen-Quarzuhr nicht vergessen werden. Eine Auswahl von Werken aus dieser Zeit wird hier vorgestellt:
Analoge Anzeige
Elektromechanische Quarzwerke
Elektromechanische Quarzwerke sind eine Sonderform: Hier gibt es keinen Motor, sondern wie bei “normalen” elektromechanischen Werken (die es seit den 1960er Jahren gibt) wird eine Unruh zum Schwingen gebracht, welche dann das Räderwerk zur Zeitanzeige antreibt.
Die Besonderheit dieser Technologie ist, daß die Quarz-Steuerung nur Einfluß auf die Unruh-Schwingungen hat und deren Abweichungen nur begrenzt korrigieren kann. Auch wenn die Genauigkeit dieser Werke höher ist, als bei mechanischen Werken, und auch höher, als bei elektromechanischen Werken, so kommt sie doch nicht an reinrassige Quarzwerke ran.
Der mit Abstand größte Hersteller dieser Werkstypen war Timex, die zwischen 1972 und 1980 mehere Versionen dieses Quarzwerks der ersten Generation produzierten. Weitere Werke wurden, allerdings in deutlich niedrigeren Stückzahlen, von Golay (FB 7723 und FB 7743), sowie von Luch (Luch 3055)
Quarzwerke mit rundem Motor
Anders als bei Quarzwerken mit länglichen Schrittmotor besteht hier die Antriebseinheit aus einem Motor in runder Form, der allerdings am Ende auch nur eine halbe Umdrehung pro Schritt macht. Es ist also fast schon eine Unterart eines Schrittmotors, aber da dieser Werkstyp recht selten verbaut wurde und auch sehr schnell wieder verschwand, bekommt er hier eine eigene Kategorie.
Anfang der 70er Jahre gab es diverse Hersteller (beispielsweise Girard-Perregaux) mit solchen Motoren, die aber sehr schnell ihre nachfolgenden Werksgenerationen mit dem bis heute üblichen länglichen Schrittmotoren ausstatteten. Ende der 70er Jahren wurden runde Motoren faktisch nur noch von einem Hersteller verwendet, von UMF Ruhla in der deren erster Generation von Quarzwerken.
Quarzwerke mit länglichem Schrittmotor
Dieser Typ entspricht dem, was heute noch in analogen Quarzuhren verbaut wird. Wer damals schon diesen Werkstyp verbaute, konnte die Entwicklung eines Quarzwerks als erfolgreich abgeschlossen ansehen und mußte sich nur noch darum kümmern, die Kosten zu senken und die Produktionszahlen zu erhöhen.
Quarzwerke mit Schaltanker / Drehspule
Bei diesem Werkstyp gibt es keinen Schrittmotor, sondern eine Drehspule, die einmal pro Sekunde in Bewegung gesetzt wird und so das Werk eine Sekunde weiterschaltet. Konstruktiv ist das noch auf die vorherigen elektromechanischen Werke mit Unruh und in ihr gelagerter Spule zurückzuführen.
Vom Aufbau her ist diese Konstruktion recht aufwändig, um die Drehspule mit Strom zu versorgen sind zwei Spiralen notwendig, dazu kommen noch mechanische Anfälligkeiten durch die schwere, beweglich gelagerte Spule, so dass solche Werke nur ganz kurze Zeit produziert wurden, bis sie durch Schrittmotor-Werke abgelöst wurden.
Der wohl bekannteste Vertreter dieses Werkstyps ist das Rolex 5035, das “Oysterquarz”-Kaliber, dieses wurde sogar bis Anfang der 2000er Jahre produziert, natürlich auch, um sich von der billigen Schrittmotor-Konkurrenz abzusetzen.
Quarzwerke mit Klappanker
Dieser Werkstyp zeichnet sich dadurch aus, daß, vergleichbar wie bei einer älteren elektrischen Nebenuhr, einmal pro Minute ein Anker durch einen Elektromagneten angezogen wird, und beim nachfolgenden Abfall die Zeitanzeige weiterschaltet.
Der Vorteil dieser Konstruktion ist, daß sie vergleichsweise wenig Strom verbraucht und andererseits recht immun gegenüber äußeren Einflüssen, wie harten Stößen ist. Konstruktionsbedingt können nur größere Zeitschritte realisiert werden, in der Regel schaltet das Werk einmal pro Minute weiter, eine sekundengenaue Anzeige ist daher nicht möglich.
Quarzwerke mit Klappanker sind absolute Exoten, außer Timex, die in ihrer zweiten Quarzwerk-Generation diesen Werkstyp verwendete, ist dem Uhrwerksarchiv kein weiterer Hersteller bekannt.
Digitale Zeitanzeige
Das Zeitalter der Armbanduhren mit digitaler Zeitanzeige begann 1972, als von Pulsar die erste Uhr mit einer LED-Anzeige vorgestellt wurde. Nur wenige Monate später kamen dann auch die ersten Uhr mit Flüssigkristallanzeige (LCD) auf den Markt.
LED-Quarzmodule
LED-Module legten den schnellsten Start hin, sie waren schon schnell so preisgünstig, dass sie die 100-Dollar-Schallmauer nach unten durchbrachen.
Der große Nachteil dieser Module lag in ihrem immensen Batterieverbrauch und dem dadurch bedingten Umstand, dass keine permanente Zeitanzeige möglich war, sondern nur auf Knopfdruck ein paar Sekunden lang die Zeit angezeigt werden konnte. Auch die Anzeigemöglichkeiten waren sehr beschränkt, bis auf ganz seltene Ausnahmen besaßen alle Module nur vier Anzeige-Stellen, das reichte gerade für die normale Uhrzeit in Stunden und Minuten, sowie auf Knopfdruck dann Tag + Wockentag und Sekunden.
Als gegen 1975 auch LCD-Module preisgünstig produziert werden konnten, verschwanden LED-Module sehr schnell vom Markt, und spätestens 1980 waren auch die letzten Exemplare verramscht.
LCD-Quarzmodule
Die Entwicklung von brauchbaren Flüssigkristall-Displays war zu Beginn noch recht kompliziert, und es dauerte bis etwa 1975, bis sie in einer Qualität, wie wir sie heute noch kennen, produziert werden konnten.
LCD-Module hatten den großen Vorteil, dass sie so stromsparend liefen, dass eine permanente Anzeige der Uhrzeit möglich war. Außerdem eigneten sich die Displays, um auch mehr als nur vier Stellen anzuzeigen, und so wurden die LCD-Quarzuhren schon bald mit allen denkbaren Funktionen ausgestattet. Und auch Gimmicks wie winzige Solarzellen, die angeblich die Batterielebensdauer verlängern sollten, wurden zu Beginn gerne verbaut, wenngleich sich der Nutzen in der Praxis auch sehr bescheiden ausnahm.
Um 1980 war die LCD-Quarzuhr mit Chronographenfunktion, Alarm und zweiter Zeitzone Standard, und das alles für weniger als 100 DM. Keine mechanische Uhr konnte hier mithalten, und als dann ab Mitte der 80er Jahre die LCD-Quarzuhr wieder verschwand, weil man doch analoge Anzeigen bevorzugte, war die mechanische Uhr in der Masse tot.