Poljot 2616.1H

 
Poljot 2616.1H | Das Uhrwerksarchiv

Poljot 2616.1H

Beschreibung

Dieses Automatikwerk wurde in den 70er Jahren von Quelle in Meister-Anker Automatikuhren verbaut. Bemerkenswert ist hier die hohe Anzahl von 30 funktionalen Steinen, von denen allerdings sage und schreibe 12 auf das Konto des Automatikgetriebes gehen. Ein solch immensen Aufwand findet man selten.

Das Poljot 2616.1H wurde erstmals (als Kaliber 2616H) im Jahr 1972 auf den Markt gebracht. Es besitzt einem Durchmesser von 26mm (entspricht 11 1/2 Linien), wobei der Rotor das Werk nocheinmal um jeweils 1.5mm überragt, sein Durchmesser beträgt folglich 29mm. Als Basiskaliber dient das Poljot 2609.

Poljot 2616.1H: Grundplatine

Grundplatine

Die Grundplatine zeigt neben einer Vielzahl von Lagersteinen eine sehr ungewöhnliche Besonderheit: Zwischen dem zentralen Minutenrad und dem Federhaus befindet sich ein weiteres Übertragungsrad, dessen Lager nicht nur verschraubt ist, sondern ebenfalls einen Lagerstein enthält. Gleichzeitig ist es ein Indikator dafür, daß sich das Federhaus werksseitig gesehen im Gegenuhrzeigersinn dreht, und nicht, wie bei fast allen anderen Werken, im Uhrzeigersinn.

Poljot 2616.1H: Grundplatine mit Minutenradbrücke

Grundplatine mit Minutenradbrücke

Das zentrale Minutenrad ist unter einer eigenen Brücke gelagert.

Poljot 2616.1H: Räderwerk

Räderwerk

Mit Ausnahme des Übertragungsrades zwischen Federhaus und zentralem Minutenrad haben wir es hier mit dem klassischen Räderwerksaufbau mit Kleinbodenrad, zentralem, direkt angetriebenem Sekundenrad und Ankerrad zu tun. Schön zu sehen sind die beiden rechteckigen Ausschnitte unter den Paletten des Ankers. Durch sie kann die Ausgangspalette sehr einfach über die Zifferblattseite geölt werden. Die Hemmung ist nach klassischem schweizer Palettenanker-Vorbild ausgeführt.

Poljot 2616.1H: Seitenansicht des Räderwerks

Seitenansicht des Räderwerks

Das Poljot 2616.1H besitzt eine dreischenklige Glucycur-Ringunruh, die in zwei hauseigenen, dreischenkligen Stoßsicherungen gelagert ist und mit gemächlichen 18000 Halbschwingungen pro Stunde arbeitet. Zur Feineinstellung muß der Spiralschlüssel herhalten, einen Rückerzeiger gibt es nicht.

Poljot 2616.1H: Räderwerks- und Federhausbrücke montiert

Räderwerks- und Federhausbrücke montiert

Wenn Federhaus- und Räderwerksbrücke montiert sind, erkennt man, wieviele Lager für den Automaticaufzug benötigt werden.

Poljot 2616.1H: Räderwerk der Automatic

Räderwerk der Automatic

Bei diesem Werk mit streng geometrisch geschnittenen Brücken befindet sich zwischen Kronrad und Sperrrad des Federhauses noch ein Übertragungsrad. Auch dieses ist wieder der Tasache geschuldet, daß sich das Federhaus im unüblichen Gegenuhrzeigersinn dreht.

Poljot 2616.1H: Seitenansicht des Automatic-Räderwerks

Seitenansicht des Automatic-Räderwerks

Das Räderwerk des automatischen Aufzugs ist hier mehr direkt in das Werk integriert, was eine deutlich geringere Bauhöhe ermöglicht.

In das Sperrad des Federhauses greift ein Übertragungsrad ein, gefolgt von zwei weiteren Übertragungsrädern, zwei Wechselrädern, die beide auf ihrer Unterseite mit dem Übertragungsrad und einander über ihren äußeren Zahnkranz in Eingriff stehen, und einem letzten Übertragungsrad, in das der achsengelagerte Rotor eingreift. Man erkennt schon alleine an dieser Aufzählung den enormen Aufwand, der hier getrieben wurde.

Beide Wechselräder besitzen einen Freilauf, sind also in einer Drehrichtung im Eingriff und laufen in der anderen Drehrichtung frei durch. Auf diese Weise kann der Rotor in beiden Richtungen aufziehen.

Poljot 2616.1H: Eingriff Sperrrad

Eingriff Sperrrad

Eine interessante Lösung, wenn auch nicht unbedingt neu, wurde beim Sperrad angewandt: Es ist zweistöckig ausgeführt, mit zwei Zahnkränzen, die jeweils in einer Richtung frei drehen und in der Gegenrichtung das Mittelstück mit dem Vierkant mitnehmen. Jener Vierkant, der mit dem Federhauskern verbunden ist, sitzt oben auf dem Federhaus.

Poljot 2616.1H: Sperrrad mit Kupplung

Sperrrad mit Kupplung

Diese Konstruktion, die schon seit einigen Jahrzehnten bekannt ist, sorgt dafür, daß er Automaticaufzug abgekoppelt wird, wenn das Werk über die Krone händisch aufgezogen wird.

Poljot 2616.1H: Unterseite des Rotors

Unterseite des Rotors

Der Halbkreisrotor ist achsengelagert und greift mit seinem Zahnkranz in das erste Übertragungsrad des Automaticmechanismus ein.

Poljot 2616.1H: Ansicht ohne Rotor

Ansicht ohne Rotor

Ohne Rotor wird die ganzen “Juwelen”-Pracht sichtbar.

Poljot 2616.1H: leere Zifferblattseite

leere Zifferblattseite

Auch zifferblattseitig werden zwei statt normal einem Übertragungsrad zwischen Aufzugs-Vierkant und Wechselrad verwendet, was zur Folge hat, daß wenn die Krone zum Einstellen der Uhrzeit im Uhrzeigersinn gedreht wird, auch die Zeit vorwärts gedreht wird. Bei fast allen anderen Werken ist es genau andersrum.

Poljot 2616.1H: Stundenrad

Stundenrad

Das Stundenrad (hier leider mit Karies) ist doppelt verzahnt, der breitere Zahnkranz wird vom Wechselrad angetrieben, der schmalere treibt das Schaltrad des Datumsmechanismus an.

Poljot 2616.1H: Datumsmechanismus

Datumsmechanismus

Natürlich kann ein Werk wie das Poljot 2616.1H keinen einfachen Datumsmechanismus bieten, sondern einen augenblicklichen Datumswechsel, realisiert über einen Spannschieber. Möglicherweise war die hierfür notwendige Kraft, mit der der Spannschieber vorgespannt wird, zu groß, wodurch es zum Zahnausfall des Stundenrads kam.

Poljot 2616.1H: Poljot 2616.1H: Zifferblattseite

Poljot 2616.1H: Zifferblattseite

Das Datum kann halbschnell korrigiert werden, durch wiederholtes zurück- und vordrehen der Uhrzeit.

Im Labor

Das vorliegende Exemplar kam verharzt und verdreckt, sowie mit fehlendem Halteplättchen des Rotors und mit kariösem Stundenrad ins Labor. Es wurde zwar gereinigt und geölt, die defekten bzw. fehlenden Teile konnten aber nicht ersetzt werden. Dennoch konnte das Werk zumindest wieder soweit instand gesetzt werden, daß es auf der Zeitwaage gemessen werden konnte.

Zeitwaagen-Ergebnis

Auch wenn keine Chronometerwerte erreicht werden konnte, sind die Werte, die das Poljot 2016.1H auf der Zeitwaage zeigte, durchaus vorzeigbar. Vor allem in den horizontalen Lagen sind sie außerordentlich gut, nur hängend zeigt sich das Alter und der Verschleiß des Werks.

horizontale Lagen
Zifferblatt oben +1 s/Tag 311° 0.1ms
Zifferblatt unten +6 s/Tag 292° 0.0ms
vertikale Lagen
Krone rechts (12 oben) -11 s/Tag 226° 0.2ms
Krone oben (3 oben) -15 s/Tag 196° 0.3ms
Krone links (6 oben) +20 s/Tag 183° 0.0ms
Krone unten (9 oben) -20 s/Tag 215° 0.2ms

Technische Daten

Hersteller:Poljot
Kaliber:2616.1H
Basiskaliber:Poljot 2609
Größe:11 1/2''' (gemessen: 26,0mm)
Halbschwingungen pro Stunde:18000
Anzahl Steine:30
Hemmung:Anker
Unruh-Ausführungen: Glucydur-Ringunruh
Stoßsicherung(en): 3-schenklig russisch
Unruhlagerung / Richtung Spirale:Uhrzeigersinn
beweglicher Spiralklötzchenträger:ja
Regulierorgan:Spiralschlüssel
Werksaufbau:
  • Anker
  • Ankerrad (Hemmungsrad), Sekundenrad, Kleinbodenrad
  • Minutenrad
  • Federhaus
Bauweise:Massivbau
Aufzugstyp:Kupplungsaufzug
Winkelhebelfeder:4 Loch/Löcher
Ausstattung:
  • SCD (direkte Zentralsekunde)
  • QG (Datum (Fenster))
  • RDR (Datumskorrektur)
  • AUT (Automatikaufzug)
Produktionszeitraum:1972 - ????
Inventarnummer:18012

Anwendungsgalerie

Poljot 2616.1H: Meister Anker Automatic Herrenuhr

Meister Anker Automatic Herrenuhr

Kaliberfamilie
Poljot 2609